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Der Teufel und mein Brathuhn


Brathuhn

Wir sind bestens versorgt, höre ich von überall die Zustimmung.
Geben und Nehmen nicht nur in der Liebe gehört zur Philosophie des schönen Miteinanders, und ist die Agape schon längst eine bewährte christliche Tradition, überdies zahlt der Staat an uns aus was wir ihm zuvor in seinem Walten und Schalten anvertraut eingezahlt haben.
Spekulierende Bankenprospekte und verräterische Versicherungen nahmen ihren Abschied, und vertilgen ihre Direktoren ihr trocken Brot in nächsten Jahrzehnten auf einem Abstellgleis in den Bahamas. Solide bleibt schlau der Bau und sind sämtliche Brücken über alles Miteinander zu ersetzen in nächsten Jahrzehnten.
Schmale Gehälter und geringe Renten wurden kräftig erhöht und eine Kindergrundsicherung erfunden, drücken die frischen Zutaten des Staates in den Märkten mit Macht auf die erhöhte Inflationsrate. Mit neuen Energien am sonnigen Balkon hat der Zinssatz des kleinen Mannes und seiner Kumpel im Sparverein kräftig angezogen und freut sich die Wirtschaft über zwei neue Ferientage zur Einsparung etlicher Kräfte.
Die Elternzeit ist bei den Männern zunehmend beliebt, und sind aus Mali heimbeordert die Offiziere im Home vielfach hinzugekommen, um auch der Gattin täglich nahe zu sein. Der Virus in seiner Corona hat sich in die Fluchten begeben, sind die E-Bikes verbannt von den Gehwegen und sind nicht nur die Halbzeitfrauen auf dem Weg zum Job und Schwätzchen in den grünenden Anlagen mit breiten Kinderwagen und Anhang unterwegs.
Wer sich noch in Nöten befindet, von denen es immer genügend gibt, sieht zunehmend Hoffnung am lichten Horizont der Jahreswende und wer sonst wie verhagelt keine Arbeit und Freude am Werken hat, der braucht auch künftig keine, sagen die Prognosen im Internet. Zum Dienste am Menschen einberufen und in der Pflege der deutschen Kulturen mit bedrohlichen Vorhersagen und altertümlichen Klagen sind dennoch bis heute keine der Propheten verarmt.
Stattdessen haben die nächsten Nachkommen den Frohsinn für sich entdeckt, und die Älteren ihn offensichtlich wieder erworben. Jung genug und schon älter reisen sie in Bummelzügen mit Sondertarif in alle schönen deutsche Lande und fliegen die Studien in den Semestern mit dem Erasmus nach Rotterdam und zu allen Sehenswürdigkeiten Europas.

Im Gepäck der üblichen Sorgen heute gleichberechtigt auf Männe und Weibchen verteilt, mit der uns die Gesetzgebung jede gewünschte Zweisamkeit ermöglicht, kann ein jeder Bürger selbst sich von seinem klimatischen Fußabdruck der Gegenwart überzeugen. Sehen und gesehen werden, mitzumachen und dabei zu sein soll die Jugend sich sozial finden und erklären können. Dennoch vor den Drogen im Dunkel der Tanzstätten aller Art gewarnt, darf nun gelegentlich ein sanftes Kraut im Pfeifchen geschmaucht oder im Keks zum Tee verbacken gereicht werden.
Wenn da nicht die Versuchung wäre, denn sie ist ein mächtiges Werkzeug in ihren Verlockungen alle auferlegten Regeln und zeitliche Grenzen zu überwinden. In verheißenen Reichtümern des biblischen Testamentes, in wüsten Ausschweifungen jeglicher Fantasien, in körperlich überlasteten Begierden und folgenden Selbstzerstörungen, im glänzenden Ego und Rauschgold der Macht, in kurzen und schnellen Erlebnissen der Lust, denen der Mensch sich bereitwillig ausliefert, um sie nach allen Ernüchterungen zu bedauern.

Im vielen gestalteten Haben statt im konstruktiven Sein und Werden, von unglaublichen Versprechungen der Zeitgeister angeworben, ist immer wieder die menschliche Seele gefangen, um sich in solcher Gemeinschaft nicht selten in ein letztliches Verderben zu lenken. Wer kaum etwas hat, der braucht viel, soll es immer mehr sein und zeichnen nicht nur Hollywood und Literaten darin Historien.
Die seriöse Geisteswissenschaft erklärt sich in allen Veränderungen zur Zeitgeschichte stets ebenso für zuständig und verlangt sie nach erstellten Theorien die Anerkenntnis für ihre Formulierungen um ihre Menschenkenntnis. In ihrer heutigen Feststellung braucht es stets die seelische Befriedigung des Menschen in seinem Bekenntnis. In Lob und Tadel gleichermaßen nimmt dann alles Schicksal seinen weiteren Lauf. Vor allem in Aussicht der Belohung für alle Lebensmühen die Mann oder Frau für sich selbst und in einer Partnerschaft empfinden, wie in der Jugend schon der eigene Körper ganz natürlich empfunden wird, und von Sigmund Freud im Detail beschrieben ist, sind deren diverse Variablen von unseren Kirchen akzeptiert.

In der Antike vorchristlicher Religion zu Lieblingen der Götter erklärt, ist dem Gestaltenwandler des Menschlichen heute daher ebensowenig zu entkommen, wie unserem Herrgott in aller Vollkommenheit und dem Jesus in mancher Bigotterie. Doch zuvor allen weiteren Erkenntnissen und sonstigen Ewigkeiten in der Verkündigung, die noch kommen mögen, steht mein Brathuhn*, mit Äpfeln und Pflaumen gefüllt, gemästet mit den besten Körnern, knusprig jung und duftend zart, im saftigen Fleisch und Kerzenlicht der reinsten Verführung auf dem gedeckten Tisch.

Ihnen einen Guten Appetit, und friedlich wie immer,

*. in Bioqualität

Andreas H. Scheibner