'Willkommen zum Espresso bei Aktuelles'



Verlagsmeldungen



Leon, unser Mann hinter dem Tresen, schaut mich fragend an, und ich lege die Zeitung weg.
Die Festreden des Besuchers, hier bei uns im Staat (Bielefeld) zur Proklamation einer autoritären und diktatorischen Macht im eigenen Staat der Türkei, verwandelten meinen süssen türkischen Kaffee in ein bitteres Getränk und bestelle ich mir darum einen dieser Tees mit besonders herzhafter Pfefferminze und viel Zucker.
Zur Erinnerung an die gemeinsame Geschichte der Demokratien, weist sie mit den menschlichen Niederungen der Kolionalmächte, ihren Achsenstaaten in den Weltkriegen und den Allianzen der Bruderstaaten zudem die schwierige Entwicklung zur Sachlichkeit im Verhalten der Diplomaten aus. Fehlte es damals noch an den direkten Vorbehalten, und an der korrekten Stellungnahme zur aktuellen Entwicklung. Darum hier ein Rückblick in die Vorzeit:

Der Kampf Atatürks gegen seine Widersacher

Im Februar 1925 brach im Herzland der Zaza-Kurden ein Aufstand aus, der sowohl die Merkmale einer religiös motivierten Rebellion als auch einer kurdisch-nationalistischen Erhebung trug. Die Aufständischen konnten sich jedoch nur kurze Zeit behaupten. Scheich Sait, die treibende Kraft des Aufstandes, wurde gefasst und gehängt; zahlreiche Kurden wurden in westliche Landesteile deportiert. In anderen Landesteilen gab es weitere Guerilla-Aktivitäten, von denen nur der Dersim-Aufstand (1937/38) größere militärische Gegenmaßnahmen erforderte. Mustafa Kemal benutzte die Lage, um sich ein Gesetz zur »Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung« genehmigen zu lassen. Es erlaubte der Regierung nicht nur einen harten Zugriff auf Kurden und religiöse Amtsträger, sondern auch eine verschärfte Zensur der unliebsamen Istanbuler Presse. Ein Attentatsversuch in Izmir (15. Juni 1926) auf Mustafa Kemal lieferte den Vorwand, mit prominenten Gegnern abzurechnen.
Kemal Atatürks Sondergesetzen fielen etwa 600 Menschen durch Exekution und weitere 7500 durch Verhaftungen zum Opfer. Das Fehlen einer bemerkenswerten Opposition erlaubte ihm aber einen breiten Konsens, zumindest der Elite, mit seinen Maßnahmen zur Austrocknung islamischer Einrichtungen und zum Aufbau eines westlichen Schul- und Hochschulsystems.

(c) Prof. Dr. Klaus Kreiser/ Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2007


Mustafa Atatürk, der Vollkommene 'Kemal' genannt, adoptierte einst, selbst kinderlos geblieben, zwölf Mädchen und einen Jungen. Die Wiedereinführung der Todesstrafe, die derzeit gefordert wird, und auch uns den Gastgebern in diesem Land gelten soll, wie sie zugleich allen anderen Stimmen alles Diskutieren, Schreiben und Berichten darum verbietet, bedeutet nichts anderes als den Ausschluß aus der Europäischen Union. Und werden wir vermutlich mehr noch dieser Mädchen und Jungen aus der Türkei hier bei uns adoptieren müssen.

Seid darum guter Dinge, die ihr mit allem was Freude bereitet, unter freundlichem Himmelsblau, doch vor allem, 'Bleibt friedlich.'

Andreas H. Scheibner